Samstag, 24. Dezember 2011

Ehrgeiz

Stets gewünscht,
stets bemüht,
nie ganz erfüllt,
nie echt genug.

Stets gehetzt,
Tatendrang.
Bis zum Schluss,
grenzenlos.

Krepier daran,
uns ist’s egal.
Schuft‘ dich zu Tod‘,
ist kein Verlust.

Familie,
die brauchst du nicht.
Freunde, Zeit
und Ruhe nicht.

Nur Geld allein.
Wir geben dir
genug davon,
nimm es ins Grab.

Und stehst du dann
vor deinem Richter,
du sagst gewiss:
„Ich war stets gut.“

Doch sei gefasst,
dass er dann fragt:
„Was ist so gut,
wenn man an Ehre geizt?“

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Die große Reinigung

Regen fällt mit Überzeugung
aus den Leibern grüner Tauben.
Löst ihn auf den Dreck der Straßen
und die Tauben blinzeln nicht.

Der Regen wühlt das Erdreich auf.
Schlamm spritzt, besudelt Wände.
Die Ratten jubeln aus den Gullis,
sind sicher im Kanalsystem.

Auf den Straßen sammelt sich
das Wasser, wird zur Flut,
weicht die Fassaden auf; zerstört
alles, was nicht sicher ist.

Eine schwarze Krähe in der Luft
kräht Kommandos, will viel mehr
im Wasser schwimmen sehen.
Die Scharen von Tauben gehorchen.

Das Wasser steht bis zu den Dächern
und auch die Ratten sind ertrunken.
Die Krähe kräht zum Rückzug an,
will ihrem Herrn berichten nun.

Die Straßen sie sind sauber -
porentief gereinigt, doch leblos.
Die Sonne bricht durch die Wolken
und niemand da, um sie zu sehen.

Dienstag, 1. November 2011

Niemals (Songtext)

Nie, niemals, wirst du es sehen,
nie, niemals, was sie sehen.
Nie, niemals, hast du die Augen,
nie, niemals, so offen, wie sie.

[Refrain]
Niemals wirst du,
so wach wie sie sein.
Niemals wirst du es erkennen,
dass der Weg,
auf dem du wandelst,
der so klar vor dir liegt,
nirgendwo hinführt.

Nie, niemals, wirst du es hören,
nie, niemals, was sie sagen.
Nie, niemals, wirst du verstehen,
nie, niemals, was sie meinen.

[Refrain]

Nie, niemals, wirst du so leben,
nie, niemals, so leben, wie sie.
Nie, niemals, hast du die Macht,
nie, niemals, über dich selbst.

[Refrain]

Nie, niemals, wird je ein Mensch,
nie, niemals, der nicht denkt,
nie, niemals, ihnen entkommen.
Nie, niemals.

Samstag, 24. September 2011

Das geblendete Volk

Die Gäste tanzen zur Musik,
wie Puppen an einem Strang.
Sie lachen falsch und trinken Wein
aus vergoldeten Kelchen.

Grinsende Diener schenken,
auf Geheiß des Regenten,
eifrig weiter nach.
Die Gäste trinken genüsslich.

Die Musik wird lauter,
der Takt wird ein anderer,
von den Gästen gänzlich unbemerkt.
Sie summen mit, kennen den Text nicht.

Die Luft bekommt einen bitt'ren Geschmack.
Ein Schluck aus dem Kelch
vertreibt ihn bisweilen.
Das Atmen fällt schwerer.

Ein paar Gäste verlassen den Saal.
Auf verständnislose Blicke
folgt bloß Achselzucken.
Ein Lächeln umspielt des Regenten Gesicht.

Das letzte Glas schmeckt anders als sonst,
wird dennoch schnell heruntergespült
und alle tanzen denselben Tanz.
Ein Zucken, ein Fallen.

Mittwoch, 31. August 2011

Die stummen Retter
















Was ist geschehen, mit dem Salz in der
offenen Wunde der Gesellschaft?
Wo sind sie hin, die Menschen mit dem
erhobenen Zeigefinger vor aller Augen?

Wohin sind die Protestanten der
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft?
Wohin sind die Revolutionäre der
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit?

Werden sie doch so sehr gebraucht,
in dieser Zeit, in der Ehrgeiz mehr Wert ist,
als Moral und Gemeinschaftsgefühl;
in der die Schwachen alle Zeit unterdrückt
und die viel zu Starken noch gestärkt werden.

Die Gesellschaft wartet auf sie, nun da sie
langsam ihr taumeln selbst bemerkt,
der Hände beraubt, um den Fall abzufangen,
der Kräfte beraubt, um die Wunden zu heilen,
der Stimme beraubt, um nach Hilfe zu schreien.

Ihre Retter begnügen sich mit der Stille der Untätigkeit,
das Wissen, dass sie helfen könnten, verleugnend.
Zu oft wurden sie niedergeschlagen und lecken nun
ihre eigenen Wunden, retten den Rest ihrer Ehre.

Sie haben die Schlacht schon vor Beginn aufgegeben,
weil der Krieg, wie es scheint nicht gewonnen werden kann.
Dabei haben sie alle Waffen, die sie bräuchten, in sich.
Sie fürchten sich nur davor, sich an ihnen selbst zu verletzen.


Montag, 27. Juni 2011

Ohne Worte (Songtext)

Mir fehlen die Worte.
Ich hab nichts zu sagen,
was niemand vor mir längst
gesagt hat.

Sah' so viele Orte,
hab endlose Fragen,
die jeder vor mir längst
gefragt hat.

Sag mir, wo soll ich hin?
Sag mir, was soll ich tun?
Mit meiner Sprache,
mit meinen Worten.

Hab viele Gedanken
über große Dinge,
doch jeder Gedanke
ist alt.

Die Menschheit wird wanken,
egal, was ich singe,
wenn ich mit ihr schwanke,
schon bald.

Sag mir, wo soll ich hin?
Sag mir, was soll ich tun?
Mit meiner Sprache,
mit meinen Worten.

Die Sprache verkümmert
zu Reizreaktionen.
Der Mensch er wird wieder
zum Tier.

Das Rückgrat zertrümmert
von Wörterlegionen,
schlägt Sprache es nieder,
das WIR.

Sag mir, wo soll ich hin?
Sag mir, was soll ich tun?
Mit meiner Sprache,
mit meinen Worten.

Sag mir, wo soll ich hin?
Sag mir, was soll ich tun?
Mit meiner Sprache,
mit meinen Worten.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Gezeiten der Gedanken
















Der Schiffer er lenkte den brüchigen Kahn
in seinem so völlig ziellosen Wahn,
durch tosende Wellen in eisigem Meer.
Seine Hände war'n steif und sein Blick war leer.

Sein Ziel das war ihm unbekannt,
die Karte dorthin war längst verbrannt.
Das Ruder mit eisernem Griff umfasst,
das Land lang verlassen, das ihm so verhasst.

Der Kahn er knarrte durch die Gezeiten
und trieb immer weiter in trostlose Weiten.
Da sprang auf das Deck eine Frau der Meere,
offenbarte ihm den Grund seiner Leere.

"Das was hier deinen Kahn bringt zum Wanken,
das ist die Verwirklichung deiner Gedanken."
Da wurde plötzlich sein Blick wieder klar,
das Meer wieder still und sein Ziel ihm gewahr.

Dienstag, 19. April 2011

Das Ende aller Märchen

© by Andrew Jones
Ebenholz formte dein Haar,
und blutig waren deine Lippen.
Weiß, wie die der Toten,
war deine weiche Haut.

Als schönste unter allen Frauen,
war Neiders Zorn dein Tod.
Die süße Versuchung,
der du nicht widerstandst.

Und ganz egal, was wird erzählt:
Aufgestanden warst du nimmermehr.
Deine Schönheit verwelkte
und mit ihr all die Schönheit dieser Welt.

Die Königin, sie übernahm,
die Zügel dieser alten Welt.
Sie formte sie von Grund auf neu,
verbannte ihren ganzen Zauber.

Heut ist die Zeit der Märchen längst vorbei,
die Welt ein trister Ort geworden,
die Königin schon lange tot,
die Wahrheit in Vergessenheit geraten.

Mittwoch, 16. März 2011

Ma(schina)ria

© by Andrew Jones
Oh stählerne Mutter,
nimm mich in deine kalten Arme!
So wie du alle Menschen
eisern liebkost.

Gebärende des maschinären Wahnsinns,
mach mich zu einem Teil des Ganzen.
Zeig mir den Pfad der Zerstörung,
zu dem du uns die Richtung wiest.

Bereiterin des Fortschritts,
lass mich an deinen Gaben teilhaben.
Auf dass ich endlich verstehe,
welche Erlösung du uns bringst.

Mach mich Ungläubigen,
zum Jünger deines Kults,
zum kleinen Zahnrad
des großen Leviathans.

Auf das ich endlich nicht mehr denken,
nicht handeln, nur noch folgen muss.
Mich einfach drehen,
nutzlos und ersetzbar.

Freitag, 4. Februar 2011

Der letzte seiner Art

Ein Flügelschlag
in rußigen Höhen.
Der Adler blickt auf
sein einstiges Reich.
Ein Atemzug
voll frischer Asche
macht ihm bewusst,
was er vermisst.

Die schwarze Decke
aus Ruß und Rauch
hängt drohend
über dem Berg
aus Müll und Stein.

Die größten Steine,
Zeugen der Menschheit,
ein letztes Aufbegehren
Richtung Himmel,
Richtung Wolken.
Die letzte Hoffnung
sie aufzukratzen -
ein wenig Licht
ins trübe Dunkel.

Die bleichen Augen
zum Boden gerichtet,
können kaum noch sehen,
was sich nicht zu sehen lohnt.
Die veraschte Nase
stetig pfeifend,
riecht längst nicht mehr,
was niemand riechen will.

Müde ist der Adler,
der letzte seiner Art,
denn nirgendwo
kann er noch landen.
So wird er irgendwann,
vom Himmel stürzen
und mit ihm
eine ganze Welt.